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Schiffe, Rum und Meer: An der Flensburger Förde

 

Die Sehnsucht nach dem Meer hat meinen Mann und mich zur „Auswanderung“ von Franken in den Hohen Norden bewegt. Seit zwei Jahren leben wir in Flensburg. Gefunden haben wir eine Stadt mit maritimem Flair und dänischer Gemütlichkeit, lebendigem Stadtleben und beschaulich-ländlichem Umfeld. Wenn Ihr von Flensburg bisher nur durch „Punkte“ gehört habt, dann wird es Zeit einmal genauer hinzuschauen. Denn bekannt ist die nördlichste kreisfreie Stadt (95.000 Einwohner) Deutschlands auch sonst noch: Das gleichnamige Bier ploppt nicht nur hier oben, sondern bundesweit. Handball spielt man hier auf Meisterniveau in der Liga. Und die Kunstflug-Pilotin Beate Uhse hat nach dem Zweiten Weltkrieg von hier aus dafür gesorgt, dass es in deutschen Schlafzimmern munter und zugleich geschützt zugeht.

Flensburg ist anders, als gängige Klischees vermuten lassen. Aber warum sollte man in einer ehemaligen Garnisonsstadt, wo typische Backsteinromantik auf raubeinigen Seemanns-Charme trifft, Urlaub machen? Ganz klar: wegen der Vielfalt. Sonne und Meer, Strand und Kultur, Sport und Shoppen – das und mehr findet Ihr hier.

 

Hafen und St.-Jürgen-Kirche
Hafen und St.-Jürgen-Kirche

 

Mitte des 12. Jahrhunderts begründete sich an der geschützten Bucht am Ende der Förde eine Handels- und Fischersiedlung. Dem Gründungsmythos nach soll ein Ritter Fleno hier eine Burg gebaut haben. Der Hafen ist auch heute noch das Herz der Stadt, deshalb startet Ihr Euren Besuch am besten hier. Einblick in die Historie der großen Flensburger Seefahrertradition gibt ein Spaziergang am westlichen Teil des Hafens. Entlang des knorrigen Bohlwerks des Museumshafens könnt Ihr viele Schätze der Schiffsbauerzunft entdecken, für deren Restaurierung ein Verein seit 1979 sorgt. „Segelnde Berufsfahrschiffe“ sind zu sehen, die die Fischer zum Broterwerb nutzten, oder Transport- und Handelsschiffe, mit denen die Menschen an der Förde versorgt wurden. Von den Expeditionen des Weltreisenden Arved Fuchs erzählt die Dagmar Aaen, ein umgebauter Kutter, mit dem Fuchs sogar bis ins Packeis Grönlands segelte. Weiter Richtung Hafenspitze liegen der historische Salondampfer Alexandra und zahlreiche klassische Sportyachten. Infotafeln liefern ausführliche Hintergründe. Wer mehr wissen möchte über die Fördeschifffahrt, über Hafen und Höfe und über den Rum-Handel, wird im Flensburger Schifffahrtsmuseum umfangreich informiert (Di-So 11.30-17 Uhr, 6 €, www.schifffahrtsmuseum-flensburg.de). Saftige Fischbrötchen sind des Flensburgers liebstes Fast Food, am besten schmecken sie in Ben's Fischhütte am Museumshafen.

An der Hafenspitze dürfen sich kleine Seefahrer auf einem herrlichen Spielplatz austoben. Und die Großen können sich auf einen Pott Kaffee freuen.

Am Osthafen befindet sich eine Marina für Segler. Manchmal machen auch ziemlich mondäne Yachten hier fest. Noch ein paar Schritte weiter halten Fischer im Fischereihafen ihre alte Tradition aufrecht (eigentlich wird hier Sonntags frischer Fisch verkauft, aber wegen der Corona-Pandemie ist z. Zt. geschlossen, s. auch www.fischereihafen-flensburg.de). Wer will kann überall am Hafen und an der Förde selbst die Angel ins Wasser halten (Angelscheine im Touristbüro). Frischen Fisch für die eigene Pfanne kauft man Mi und Sa am Südermarkt.

 Nachdem ihr den Hafen zu Fuß erkundet habt, wird es Zeit für eine Förde-Rundfahrt mit der M/S Viking. Das Ausflugsschiff läuft ab 21. Mai wieder aus. Vorbei geht’s an chicen, modernen Appartementhäusern, an weniger hübschen Lagersilos, an der Werft der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und dem beeindruckenden Backsteinbau der Marineschule Mürwik. Nach einer Runde um die dänischen Ochseninsel in der Flensburger Förde geht es hinüber nach Glückburg (hier kann man aus- oder einsteigen; einfache Fahrt 7 €, Rundfahrt ab/bis Flensburg 13 € p.P., www.viking-schifffahrt.de).

St.-Nikolai-Kirche am Südermarkt
St.-Nikolai-Kirche am Südermarkt

 

Um zu erfahren, wie einst die Matrosen und Kapitäne hier lebten, wie rund um den Hafen ausgehend von reichen Handelshöfen gewirtschaftet wurde, begibt man sich auf einen Stadtspaziergang. Westlich des Hafens liegt das Viertel der Kaufleute. Entlang von Großer Straße und Holm (heute eine einladende Fußgängerzone) bauten sie ihre Kaufmannshöfe mit Wohn-, Kontor- und Lagerhäusern. Wo immer sich ein Durchlass zeigt, schaut einfach mal hinein. In den Höfen findet Ihr heute nette Boutiquen, kleine Kneipen oder Kunsthandwerker-Ateliers. Auch die Marienkirche und die St.-Nikolai-Kirche am Südermarkt lohnen ein Blick. Unbedingt müsst Ihr auch noch durch die Rote Straße flanieren (ein paar Schritte vom Südermarkt entfernt) und den Roten Hof und den Kruse-Hof anschauen. Ein Lieblingsort, den ich gerne aufsuche, ist die kleine Galerie von Glasbläser Dieter Schneider und der Glasgraveurin Anne Wenzel. Hier findet ihr viele gläserne Kostbarkeiten (Mo-Fr 9.30-12.30 und 14.30-18, Sa 9.30-13 Uhr).

Überall in der Stadt trifft typisch nordischer Baustil auf dänische Hygge. Dänisch wird in Flensborg an allen Ecken und Enden gesprochen, denn die Stadt (wie übrigens auch das Herzogtum Schleswig) gehörten bis 1864 zu Dänemark. Als 1920 per Volksabstimmung über den deutsch-dänischen Grenzverlauf entschieden wurde, votierten Südschleswig und Flensburg mehrheitlich für den Verbleib in Deutschland. Eigentlich feiert man in diesem Jahr 100-jähriges Jubiläum, doch die grenzüberschreitenden Veranstaltungen leiden sehr unter der Corona-Pandemie und der voraussichtlich noch bis Anfang Juni dauernden Grenzschließung nach Dänemark.

Inoffizielles Wahrzeichen Flensburgs: die Schuhe an den Leinen
Inoffizielles Wahrzeichen Flensburgs: die Schuhe an den Leinen

 

Die wichtigsten Handelsgüter Flensburgs waren Heringe, Zucker und Wal-Tran. Rohrzucker und vor allem der aus Dänisch-Westindien importierte Rum, der in Flensburg verschnitten wurde, machten die Stadt ab dem 18. Jahrhundert reich. Im Rumhaus Braasch in der Roten Straße könnt Ihr echten Flensburger Rum probieren. Leider sind die Manufaktur und das Rum-Museum wg. der Corona-Pandemie derzeit geschlossen (Aktuelles unter www.braasch.sh). Das älteste Rumhaus Flensburgs ist Johannsen in der Marienstraße. Der Hochprozentige wird in der urigen Hökerei verkauft (www.johannsen-rum.de). Unterhalb der Kirche St. Jürgen im Osten des Hafens liegt das einstige Kapitänsviertel. Was die Kapitäne nach dem Einlaufen eines Schiffes in den Hafen alles erledigen mussten, das zeichnet der Kapitänsweg nach, der am Schifffahrtsmuseum beginnt. Wenn Ihr den in den Boden eingelassenen Pfeilen mit dem Steuerrad und den Infotafeln folgt, lernt ihr die Altstadt und das Kapitänsviertel kennen (Karte).

Ein neues inoffizielles Wahrzeichen der Stadt sind übrigens die baumelnden Schuhe an den Oberleitungen der ehemaligen Straßenbahn. Wer genau damit anfing, seine Schuhe da hoch zu werfen, - Discobesucher des Roxy oder ein frisch vermähltes Paar - man weiß es nicht so genau. Jedenfalls kommen ständig neue alte Treter hinzu.

Hafenspitze mit Restaurants
Hafenspitze mit Restaurants

 

Abends, wenn im Sommer die nördliche Sonne ganz weit im Nordwesten steht und über dem Wasser glitzert, wenn allmählich die Segelboote von ihren Ausfahrten zurückkehren und unter dem Gekreische der Möwen an ihren Liegeplätzen festmachen, dann zieht es echte Flensburger an den Hafen. „Plopp“ macht es bei Jung und Alt, die Beine baumeln über die Kaimauer, die Pizzaschachtel auf den Knien wird hier gechillt. Andere genießen ihren Sundowner in einer der Open-Air-Bars oder lassen sich Fischspezialitäten in den Restaurants schmecken.

 

Die Flensburger Förde ist ein Eldorado für Wassersport jeder Art. Segler schätzen die gleichermaßen geschützte wie landschaftlich reizvolle Förde. In zahlreichen Häfen kann man vor Anker gehen. Wer kein eigenes Boot hat, kann für einen Segeltörn Yacht und Skipper chartern. Da hier oben bei uns meist ein ordentlicher Wind weht, kommen auch Wind- und Kite-Surfer in der Förde auf Ihre Kosten. Nicht selten nutzen abends die Ruderer des Ruderklubs den beruhigten Hafen für ihre Sport. Die Paddler mit ihren Seekajaks finden in der Förde zahlreiche schöne Strecken. Einige Bereiche z. B. am Naturschutzgebiet Holnis sind jedoch für Wassersportler tabu.

Flensburgs Strände: Für Sonnenanbeter und Schwimmer hat die Stadt mehrere schöne Sandstrände zu bieten. Oft ist es nur eine Frage der Tageszeit, wo man sich ins kühle Nass begibt. Morgens ist es am Ostseebad Flensburg und am Strand von Wassersleben besonders schön. Wer gerne bei Sonnenuntergang schwimmt, nimmt am Nachmittag den Strand von Solitüde. Die Strandbäder sind ohne Strandgebühr frei zugänglich und mit schönen Spielplätzen, Grillgelegenheiten, Badestegen, Volleyball und Sportgeräten für Erwachsene ausgestattet. Am Strand von Wassersleben (Gemeinde Harrislee) gibt es einen SUP-Verleih. Am Ostseebad und in Solitüde sind auch Bereiche für Gäste mit Hund ausgewiesen. Besonders schön: Flensburg erhebt keine Strandgebühr!

 

Weitere Strände in der Umgebung:

Kurstrand Sandwig in Glücksburg: mondänes Ambiente vor dem Kurhotel, Super Strandspielplatz, Seebrücke, gepflegte Strandpromenade, Gastronomie, Strandgebühr.

Sandstrand in Drei auf der Halbinsel Holnis: an der Außenförde mit freiem Blick auf die Ostsee, Spielgeräte, FKK, Surfschule, SUP-Verleih, Gastronomie, Camping, Strandgebühr.

Strand in Langballigau: breiter Naturstrand mit Sand und Kies neben dem Bootsanleger, Spielplatz, Volleyball, Gastronomie, Camping.

(alle jeweils DLRG-bewacht)

Was sonst noch?

Prosecco-Paddeln: Die SUP-Verleihstation Paddles & Fins am Strand von Wassersleben richtet kleine Events für Gruppen aus. Beliebt bei Mädels ist das Prosecco-Paddeln, während Jungs mehr auf das Plopp-Paddeln (na klar: mit lokalem Bierchen) stehen (www.paddlesandfins.de).

Strandschlafen: In Hasselberg und Kronsgaard (ca. 40 km von Flensburg entfernt) kann man in wetterfesten Strandschlafkörben die Nacht unter freiem Himmel und beim Rauschen der Wellen verbringen. Parkplatz und Toiletten vorhanden, 55 €/Nacht (www.ferienlandostsee.de).

Am Fördesteig Richtung Holnis
Am Fördesteig Richtung Holnis

Aktivitäten:

Wandern: Als Fortsetzung des dänischen Gendarmenpfads führt der Fördesteig von der Flensburger Förde auf insgesamt 95 km bis an die Schlei. Es geht am Meer entlang, durch Wälder und Flusstäler und durch Naturschutzgebiete wie z. B. das Geltinger Birk (www.fördesteig.de).

Radfahren: Fast immer am Wasser entlang führt der Ostseeradweg von Kilometer Null an der Grenze bei Wassersleben über Glücksburg bis Langballig. Von Flensburg aus lässt sich eine Radreise mit insgesamt 430 km bis Lübeck-Travemünde starten. Ich selbst fahre gerne eine kleine Abendrunde auf schönen Radwegen von Flensburg über Glücksburg bis zur Landspitze Holnis (16 km einfach). Vielfältige Ausblicke aufs Wasser sind garantiert!

Events

Ein tolles Erlebnis ist die alljährliche Rum-Regatta. Das sehenswerte Treffen der historischen Berufssegler wurde in diesem Jahr auf 18.-19. September 2020 verschoben. Wie das Programm samt begleitendem und immer lustigen Gaffelmarkt (Musik, Speis' und Trank) durchgeführt werden kann, wird rechtzeitig veröffentlicht (www.rumregatta.de). Auch für Landratten gibt es Möglichkeit zum Mitsegeln. Vom Land aus lohnt sich das Zuschauen, wenn die Segler nach dem Startschuss in der Bucht von Wassersleben in der Flensburger Förde kreuzen. Logenplätze für Fernglas-Gucker: Am Strandbad Solitüde oder auf der Seebrücke am Ostseebad.

Historische Berufssegler stehen im Mittelpunkt der Rum-Regatta. Text und Fotos: Heidi Schmitt ©
Historische Berufssegler stehen im Mittelpunkt der Rum-Regatta. Text und Fotos: Heidi Schmitt ©
Schloss Glücksburg
Schloss Glücksburg

 

Ausflug nach Schloss Glücksburg: Das weiße Wasserschloss aus der Renaissance ist der Sitz des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg und war zeitweise Residenz des dänischen Königshauses. Auch heute noch kommt die dänische Königin Margarethe II. regelmäßig zu Besuch. Die fürstlichen Räume des Schlosses mit den markanten vier Ecktürmen wurden nach dem Geschmack der jeweiligen Regenten gestaltet. Bei einem Rundgang sieht man wertvolle Tapisserien, Ledertapeten, ausgesuchte Möbelstücke aus dem Empire, Gemälde und Stammbäume, Schlosskirche, Keller-Verlies und Gesinde-Räume auf dem Dachboden. Umgeben ist das Schloss von einem weitläufigen Park, ein Spaziergang, der auch rund um den See führen kann, ist zu empfehlen. Wann geöffnet ist, erfahrt ihr hier: www.schloss-gluecksburg.de

 

Informationen

Seit 18. Mai sind in Schleswig-Holstein Hotels, Restaurants und Campings unter gebotenen Hygienemaßnahmen, Abstandsgebot und Maskenpflicht in manchen Bereichen wieder geöffnet. Bitte erkundigt Euch vor der Buchung über die jeweiligen Bedingungen. In Restaurants muss man zum Teil vorab einen Tisch bestellen und seine Kontaktdaten hinterlassen.

Essen:

Gosch Flensburg: Sehen und gesehen werden ist hier Trumpf auf den schönen Außenterrassen „im“ und am Wasser an der Hafenspitze, Fischbrötchen „to go“ und zahlreiche Fischspezialitäten im Restaurant (www.gosch.de).

Restaurant Alte Senfmühle: regionale Frischeküche von Steak bis Fisch und feine internationale Speisen im schönen Restaurant und netten Außenbereich im Holmhof (www.alte-senfmuehle.de).

Café Kritz: Am Nordermarkt außen sitzen und einen Cappuccino trinken, dann fühlt man sich gleich wie auf einer italienischen Piazza. Morgens reichliches Frühstück, tagsüber leckere Gerichte von Schnitzel über Grillkartoffel mit Lachs bis Smørrebrød, an Wochenenden abends Musik und Barfeeling (www.kritz.de).

Übernachten:

Hotel Alte Post: komfortabel und in nordischem Design eingerichtet, zentral zwischen Altstadt und Hafen gelegen (www.ap-hotel-flensburg.de).

Hotel Wassersleben: schön und strandnah gelegen direkt an der Förde, gepflegte, moderne Zimmer mit Meerblick, 4 km zum Zentrum Flensburg (www.hotel-wassersleben.de).

Wohnmobilstellplätze: Am Citti-Park, gepflegter, asphaltierter Parkplatz mit Ver- und Entsorgung gegen Gebühr. Am Industriehafen, kostenlos, nur Entsorgung, Blick auf die Förde, aber kein schönes Ambiente.

Camping:

Ostseecamp Glücksburg-Holnis: ruhig und schön gelegen auf der Halbinsel Holnis direkt am Strand, parzellierte Stellplätze, toll sind auch die Komfortzimmer mit Meerblick im neuen Dünenhaus (www.ostseecamp-holnis.de).

Shoppen:

In Flensburg lacht das Einkaufsherz, es gibt eine breite Auswahl großer Ketten und hübscher inhabergeführter Läden. Ihr findet sie in der Fußgängerzone (Holm, Große Straße), in der Flensburg Galerie (Holm), sowie in den beiden großen Einkaufszentren Fördepark und Citti Park.