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Kunst und Wald: der Glasbläserort Frauenau

Heute möchte ich Euch den kleinen Ort Frauenau im Bayerischen Wald vorstellen. Seit vielen Jahren habe ich ein Faible für zeitgenössische Glaskunst. Irgendwann wollte ich darüber nicht nur als Journalistin schreiben, sondern das Glas selbst in die Hand nehmen. Die handwerkliche Technik des so genannten Lampenglases hat mich dabei besonders fasziniert. Um mir die Grundkenntnisse dafür anzueignen, habe ich zahlreiche Kurse besucht, unter anderem eben in dem traditionsreichen Glasbläserort Frauenau. Jedes Jahr von Pfingsten bis in den Herbst lockt die Internationale Sommerakademie des Bildwerks Frauenau Laien, Studierende und renommierte Künstler nach Frauenau (www.bildwerkfrauenau.de). Von Glasbläserei über Gravur und Schliff bis Keramik, Malerei und Holzbearbeitung kann man hier viele künstlerische Techniken erlernen und vom interdisziplinären Austausch profitieren. Wenn das kreative und bunte Völkchen den Ort in Beschlag nimmt, ist hier alles wieder ein bisschen Hippie – wie in den Seventies, als Erwin und Harvey hier neue Wege beschritten.

Als der Glasmachersohn Erwin Eisch sich nach dem Studium in München als freier Künstler in seiner Heimatstadt niederließ, kamen in seinem Gefolge Künstler sogar aus den USA in den etwas verschlafenen Ort. Erwin Eisch gilt gemeinsam mit Harvey Littleton als Begründer der internationalen Studioglasbewegung. Ihr Ziel war es, sich durch eigene Glasöfen von den Glasmanufakturen zu lösen und künstlerisch unabhängig zu machen. Das Ausprobieren und die Verweigerung von Form und Zweck gehörte zu den Grundprinzipien beider Künstler. Bei internationalen Symposien in den 1970er-Jahren wurde Frauenau zur Wiege neuer Ausdrucksformen in Glas. Die traditionellen Glasmacher und die Künstler haben sich aneinander gerieben, aber sich schließlich zusammengerauft. Nun bilden sie eine Gemeinschaft, die vieles geschafft hat, z.B. den Bau des Glasmuseums Frauenau.

Beim Rundgang durchs Glasmuseum lernt ihr den Kosmos Glas am besten kennen. Das Museum gibt einen Überblick über die Kulturgeschichte des Glases im Bayerischen Wald und Böhmen. Die facettenreiche Ausstellung spannt den Bogen von historischem Glas der frühen Hochkulturen über Venezianisches Glas und Barock bis hin zu zeitgenössischer Glaskunst. Die „verbogenen“ und schrill bemalten Köpfe von Erwin Eisch und andere seiner Hauptwerke sind hier zu sehen. Herzstück des gläsernen Rundbaus ist ein inszenierter Glasofen mit allen Stationen der Herstellung des Werkstoffs Glas (Di-So 9-17 Uhr, www.glasmuseum-frauenau.de).

Gläserne Gärten: "Arche II" von Ronald Fischer
Gläserne Gärten: "Arche II" von Ronald Fischer

Zum Nulltarif und jederzeit lassen sich Frauenaus Gläserne Gärten erkunden. Zwischen den Glashütten Eisch, dem Glasmuseum und der Glasmanufaktur Poschinger sind großformatige Werke internationaler und regionaler Glaskünstler zu bewundern, darunter Scott Chaseling, Renato Santarossa, Thiery Boissel, Simone Fezer und Wilken Skurk. Beim Spaziergang über schön angelegte Wege lassen sich die Glaskunstwerke erkunden (Karte: www.frauenau.de/glas/glaeserne-gaerten).

 

Übrigens: Frauenau liegt an der ostbayerischen Glasstraße, die sich auf 250 km vom Oberpfälzer in den Bayerischen Wald zieht (www.die-glasstrasse.de).

Ein alter VW-Bus wurde in der Hermannkapelle verbaut
Ein alter VW-Bus wurde in der Hermannkapelle verbaut

 

Die kreativen Köpfe Frauenaus haben auch ganz andere Spuren hinterlassen. Glaskünstler Erwin Eisch und der Architekt Helmut Koller haben auf der Zell (westlich auf einer Anhöhe) die skurrile Hermannkapelle erbaut. Die Basis des Baus bildet ein alter, aufgerichteter VW-Bus, der die kleine Kapelle quasi als Turm überragt. Erwin Eischs Malerei im Innenraum erinnert an Helmut Koller, der kurz nach dem Bau tödlich verunglückte. Die Sonnenuhr an der Außenwand wurde von Eischs Ehefrau Gretel gestaltet und mahnt die Vergänglichkeit des Lebens an. Geweiht wurde die Kapelle 1972. Sie steht an dem Platz, wo 1324 Frauenau-Begründer Hermann seine Zelle errichtet hatte. Auch die Aussicht auf Frauenau lohnt den kleinen Aufstieg.

 

Einkaufen:

Wer gerne Glas von Dekoware bis Trinkgefäß, von Weihnachtsschmuck bis Perlenketten kaufen möchte, der findet in mehreren Läden und Ateliers in und um Frauenau ein reiches Angebot. In der Glashütte Valentin Eisch arbeiten noch heute Glasbläser an den Öfen im Manufakturbetrieb. Regelmäßig sind hier auch Künstler als „Artist in Residence“ tätig (www.eisch.de). Seit dem Mittelalter wird in der Glashütte Poschinger in Frauenau Glas geblasen. Wie am Glasofen aus dem glühendheißen Schmelz Objekte oder Gläser in Handarbeit hergestellt werden, das können Besucher ab Juni (nach Voranmeldung) beim Werksbesuch wieder beobachten (www.poschinger.de).

Rachel-Blick am Trinkwasserspeicher Frauenau
Rachel-Blick am Trinkwasserspeicher Frauenau

Wandern:

Im Nationalpark Bayerischer Wald kann man sich als Wanderer oder Mountainbiker auf unzähligen Streckenkilometern ausarbeiten. Der Große Rachel (1453 m) bei Frauenau ist einer der Gipfel, die wunderschöne Aussichten auf den Böhmerwald im Grenzland zwischen Bayern und Tschechien gewähren. Ein schöner Spaziergang führt um den Trinkwasserspeicher Frauenau (ab Wanderparkplatz Talsperre, ein bisschen länger ist's ab Parkplatz Oberfrauenau). Wer gerne ein bisschen kraxelt, dem sei der etwa 20 km entfernte Lusen (1373 m) empfohlen. Die ausgesetzte Kuppe des Berges besteht aus einem Meer aus aufgetürmten Granitblöcken (sehenswert, aber Trittsicherheit erforderlich!). (www.bayerischer-wald.de).

Eine interaktive Karte zeigt Euch die schönsten Touren in der Region https://maps.ferienregion-nationalpark.de/

Wellness:

Das Hotel Eibl-Brunner hat vor ein paar Jahren eine herrliche Wellness-Landschaft eingerichtet (ab 14. Juni wieder geöffnet). Sauna, Pools, Massagen und Schönheitsanwendungen sorgen fürs Wohlbefinden (www.eibl-brunner.de). Das komfortable Hotel ist sehr gemütlich und bietet ausgezeichnete Küche.

Baden:

Wer gerne mit Aussicht schwimmt, der kann im Freibad Frauenau seine Bahnen ziehen und auf schönen Liegewiesen relaxen (ab 8. Juni voraussichtlich wieder offen).

Skulpturen von Hermann Ritterswürden
Skulpturen von Hermann Ritterswürden

Ausflug:

Der kleine Ort Zwiesel bietet sich für einen Abstecher an. Die bekannte Glasfirma Schott Zwiesel hat hier von ihren Azubis fast 10.000 Weinkelche zu der höchsten Kristallglas-Pyramide der Welt auftürmen lassen. Die 8,06 Meter hohe Glaspyramide hält ohne Klebstoff und gilt als Wahrzeichen Zwiesels (Dr.-Schott-Straße 25). Mein Tipp ist ein Besuch in der Galerie Ritterswürden (Alfons-Maria-Daiminger Str. 12, www.ritterswuerden-glas.de). Der Lampenglasbläser Hermann Ritterswürden lässt in seinen Skulpturen Figuren aus literarischen Vorlagen lebendig werden. Zu sehen sind auch bilderreiche Objekte seiner Ehefrau, der Glasgraveurin Alexandra Geyermann, sowie verschiedener befreundeter Künstler. Das Waldmuseum (Kirchplatz 3) gibt einen Überblick über die heimische Tier- und Pflanzenwelt und die regionale Glastradition. Einen Blick wert ist auch die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, ein Backsteinbau, der von einem 86 m hohen Turm überragt wird.

Wintersport:

Der Bayerische Wald hat übrigens auch für Wintersportler einiges zu bieten. Tolle alpine Abfahrtsbedingungen findet ihr am Großen Arber (1455 m, www.arber.de), der mit einer Gondelbahn erschlossen ist. Kleine Pistenflitzer und Anfänger können ihre ersten Bogen aber auch in Frauenau an zwei Schleppliften üben. Im Landlaufzentrum Oberlüftenegg bei Frauenau und in Zwiesel wird der Winterwald auf Loipen verschiedener Schwierigkeitsgrade erschlossen oder man nutzt die Möglichkeit zu einer Schneeschuhwanderung und geht mit den Kids Schlittenfahren.

Ausblick Richtung Arber. Fotos und Text: Heidi Schmitt
Ausblick Richtung Arber. Fotos und Text: Heidi Schmitt

Übernachten:

Im Landgasthof Hubertus übernachtet man sehr komfortabel und ruhig, auch hier wird sehr schmackhafte bayerische Küche geboten. (www.landgasthof-hubertus.de).

Die Pension Waldkristall bietet familiären Service, leckeres Frühstück und gemütliche Zimmer mit spitzenmäßigem Ausblick Richtung Arber (www.waldkristall.de).

 

Information

Touristinformation Frauenau im Glasmuseum, Am Museumspark1, Tel. 09926/941011, www.frauenau.de.